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13 September

01.09.13  


Kleines Feuer zum Herbstbeginn. Ich bin ziemlich melancholisch gestern schon. Und heute auch.





Die Birnen, die runtergefallen sind, sind zu weich. Die Birnen am Baum sind noch nicht reif. In diesem Jahr ist die Natur komisch.

02.09.13   Gestern habe ich bis kurz vor Mitternacht das TV-Duell Merkel-Steinbrück und danach Jauch geguckt. Schließlich lebe ich in diesem Land und nicht in Ägypten. Heute ist es so kalt, düster und regnerisch wie im Juni. Bevor heute der Regen kam, habe ich die inzwischen heruntergefallen Pfirsiche von meinem neuen Pfirsichbaum aufgelesen (der alte hatte keine Blüten und somit auch keine Pfirsiche, dafür der junge um so mehr - kann man das auf die Filmkarrieren von mir und meiner Tochter übertragen?).
Zwei Pfirsiche waren schon von Schnecken angefressen. Ich muss jetzt jeden Tag nachgucken.

Ein erster Biss in diese Pfirsiche bestätigt mir, dass sie zehnmal besser schmecken als die im Supermarkt.

Auch die vor zwei Jahren gepflanzten Weintrauben sind jetzt schon reif. Die Frau meines Bruders, die sie mir vor zwei Jahren geschenkt hat, sagt mir am Telefon, dass ich sie ruhig bis Mitte Oktober hängen lassen kann, und dass sie bis dahin immer süßer werden. Auch den ersten Frost würden sie überstehen. Die gleichen Trauben bei ihnen im Bayerischen Wald seien noch lange nicht so weit. Da man problemlos Ableger heranzüchten kann, könnte ich eine Art Weinberg im Garten machen und meinen eigenen Rotwein daraus machen? Wieviel Mühe und Pflege Weintrauben machen, habe ich beim Drehen von "RAUCHZEICHEN" in Sardinien hautnah miterlebt.
03.09.13   Draußen ist heute totales Selbstmordwetter. Auf Thirsty Rabbit, einer englischsprachigen Website für Film (LINK), wird die Handlung von "INS BLAUE" erzählt und der Film zum Anschauen empfohlen: "It is however a well-made film that is Recommended Viewing..!"
Regen und Wind haben dafür gesorgt, dass immer mehr Pfirsiche runtergefallen sind und auf dem Boden haben sich ganze Herden von Nacktschnecken versammelt, um die Pfirsiche zu essen. Jetzt ist Schluss bei dieser Nacktschnecken-Fress-Party. Ich habe alle Pfirsiche abgepflückt.

04.09.13   Ich begebe mich heute, da es nicht regnet, auf eine Zeitreise. Mitten im Wald hinter dem Dorf gibt es eine Stelle, wo unglaublich viele Steinpilze wachsen. Seit fast zwanzig Jahren war ich nicht mehr da, und im letzten Jahr habe ich mit meinem Sohn Nicolai - er war schon nach Marburg gezogen und wir hatten beide Google Maps auf unseren Computern - beratschlagt, wo der Pilzplatz gewesen ist. Heute habe ich ihn, ohne langes Suchen, wiedergefunden.

Hier an dieser Waldwegkreuzung haben meine beiden Kinder und ich damals schon die ersten Steinpilze gefunden…

…und hier noch viel, viel mehr. Einmal waren da so viele, dass wir wählerisch wurden, und nur noch die ganz jungen Steinpilze mitgenommen haben. Plätze, wo Steinpilze wachsen, sind ein streng gehütetes Geheimnis, denn die wachsen nicht überall. Ein Junge aus dem Dorf hatte damals mich und meine Kinder dahin geführt.

Heute habe ich keinen einzigen Steinpilz gesehen, nicht einmal einen Maronenpilz. Nur ein paar Täublinge.

Den hier hat jemand, der vor mir schon da war und vielleicht auch nach Steinpilzen geguckt hat, umgestoßen.

Auf dem Nachhauseweg mache ich ein Foto von diesem LKW-Anhänger, der langsam vor sich hin rottet. In zwanzig oder dreißig Jahren werden nur noch die Reifen und ein paar Metallteile am Rand des Waldwegs liegen. Mich faszinieren solche Überbleibsel einer vergangenen Zeit.
Noch etwas früher bin ich mit meinen Kindern auf Pilzsuche im Wald gewesen. Auf einer der zwei Schotter-Straßen, die durch den Wald gehen, hatte ich meinen BMW 745 abgestellt. Durch das Pilzsuchen hatten wir uns im Wald verirrt und nicht mehr zum Auto zurückgefunden. Es hat geregnet und meine Tochter Joya war noch so klein, dass sie nicht mehr weiterlaufen konnte. Ich musste sie auf der Schulter tragen. Die Himmelsrichtung wusste ich auch nicht mehr, weil keine Sonne schien. Vielleicht sind wir 20 oder 30 Minuten im Kreis gegangen. Dann habe ich entschieden, wir gehen jetzt immer geradeaus. Irgendwann kommen wir auf eine der beiden größeren Straßen. Das hat funktioniert und wir haben unser Auto gefunden. Danach hat Nicolai zu mir gesagt: Papa wir gehen nicht mehr in den Wald ohne Kompass. Er wusste, dass ich noch einen Bootskompass von den Dreharbeiten in der Südsee hatte. Von einem iPhone mit Kompass konnten wir damals noch nicht einmal träumen.
Für Stadtmenschen mag das abenteuerlich klingen. Ich bin in meiner Kindheit im hessischen Wald groß geworden und kannte da jeden Busch und jeden Baum. Aber hier in diesem Wald sieht auf den ersten Blick alles gleich aus. Überall Kiefern. Manchmal hohe Bäume, manchmal eine Schonung. Wenn man sich nicht jeden Tag da rumtreibt, kann man schon die Orientierung verlieren. Ich habe zwei oder dreimal auch anderen orientierungslosen Pilzsuchern den Weg aus dem Wald gezeigt. Denn wenn hier essbare Pilze wachsen, war früher der Wald voller geparkter Autos aus Leipzig oder Dresden. Offensichtlich damals ein weithin bekanntes Super-Pilzgebiet.
Heute bin ich glücklich darüber, dass mein Bildgedächtnis in diesem Wald noch immer funktioniert. Ich kann jede Stelle zeigen, auf der wir damals diese unglaubliche Menge an Steinpilzen gefunden haben. Pilze haben ein Myzel. Das wächst im Untergrund. Da wo es war, wird es auch in Zukunft sein. Ich muss nur immer wieder, vor allem im Oktober hinfahren und kann dann wieder Steinpilze ernten.
05.09.13  
Mit dem Moutainbike komme ich jetzt überall hin und mache heute eine zweite Zeitreise.

Auf dieser Düne habe ich 2001 eine Szene von "VENUS TALKING" gedreht.

Hier oben auf der Düne macht Markus Perschmann Kathleen Fiedler den Vorschlag, einmal zu spielen, dass sie beide verliebt seien.

Dieser Blick von der Spitze der Düne kommt im Film leider nicht vor.

Auf diesem Hochsitz erlaubt Nora Hanke ihrem Freund in der Nacht, einmal ihre Brust anzufassen.

In diesem Haus mit fünf weißen Säulen habe ich mit Cora Frost, Valeska Hanel und Herbert Fritsch 1997 "TIGERSTREIFENBABY WARTET AUF TARZAN" gedreht. Am Weg, der zum Haus führt, steht jetzt ein Schild "Betreten verboten! Lebensgefahr…" Sie leben dort zu dritt, bis der Ehemann von Cora Frost kommt und das Paradies zu dritt zerstört. Wenn das Schild schon damals da gewesen wäre, wäre der eifersüchtige Ehemann vielleicht draußen geblieben.

Der Blick auf das Haus ist inzwischen leider zugewachsen und weil ich mich nicht in Lebensgefahr begeben wollte, bin ich nicht näher rangegangen.
Ägypten: Heute morgen ist an diesem friedlichen Herbsttag in Kairo eine Bombe explodiert. Es ist der erste derartige Anschlag seit fast zwanzig Jahren. Die Muslimbrüder sagen: Wir waren es nicht, obwohl sie schon vor zwei Monaten gedroht haben, ganz Ägypten zu verbrennen. Sie haben auch für morgen zu neuen Demonstrationen gegen die "Putschisten" aufgerufen. Ich hoffe nur der Innenminister, der das Ziel des Bombenanschlags war, bleibt cool. Vorstellbar wäre schon, dass die Muslimbrüder etwas ganz Verrücktes planen, um die Weltaufmerksamkeit, die inzwischen ganz auf Syrien gerichtet ist, wieder auf ihre Lage in Ägypten zu lenken. Wenn sie eine Atombombe hätten (es gibt einen ägyptischen Science Fiction-Roman, der diese Situation durchspielt) würden sie diese jetzt vielleicht zünden.
06.09.13  


Auf dem Radweg heute habe ich diese Blindschleiche entdeckt und eine regelrechte Invasion junger Heuschrecken. Ganz unten rechts ist eine zu sehen.
Am Nachmittag: Ich muss jeden Tag irgendetwas auf meinem Bauernhof erledigen, um glücklich zu sein. Nichtstun oder nur Lesen macht mich melancholisch.

Heute habe ich dieses Gebiet mit einem Balkenmäher, das ist die gefährlichste Maschine die ich habe, zum ersten Mal seit zwei Jahren von all den dort wildwuchernden Pflanzen befreit…

…und anschließend gleich verbrannt. Der Innenhof sah dann so aus.

08.09.13   Ute Freund, meine Kamerafrau bei vielen Filmen, besucht mich auf dem Bauernhof. Ich koche für uns einen Auflauf. Sie macht den Salat. Beides ist uns gut gelungen.

Ute skyped mit mit meiner ägyptischen Freundin in Kairo.
Heute Nacht ab 1.55 laufen auf 3SAT zwei Filme von mir: "FRAU FÄHRT, MANN SCHLÄFT" und "RAUCHZEICHEN".
09.09.13   Gestern morgen fahre ich mit Ute nach einem Frühstück im Hof bei 12 Grad zum Körbaer See. Sie wollte schwimmen, aber dann war ihr das Wasser doch zu kalt. Wir fotografieren uns gegenseitig.





Auf dem Nachhauseweg entdecke ich wieder eine Blindschleiche und…

…diese Herbstzeitlose.

Beim Mittagessen mit den Resten meines Auflaufs beobachten wir dieses Insektendrama: eine Fliege versucht eine andere Fliege zu fressen?

Danach schaut sich Ute den neuen Film meiner Tochter Joya zweimal an und entdeckt darin ganz andere Dinge als ich.
Am späten Nachmittag setzen wir 120 Krokuszwiebeln gemeinsam in die Erde. Ich mache die Löcher. Sie legt die Zwiebeln rein. Das Verschließen der Löcher machen wir gemeinsam und so geht das rasend schnell.
Heute regnet es zum ersten Mal seit langer Zeit in Strömen und ich bringe Ute zum Bahnhof. Wir hatten eine schöne Zeit.
In einer Regenpause fahre ich eine Kurzstrecke Fahrrad. Keine Grashüpfer, keine Blindschleichen, dafür aber jede Menge Nacktschnecken. Überall.

Zwei Nacktschnecken beim Vertilgen von den Resten einer heruntergefallenen Birne. Ich habe gestern zu Ute Freund gesagt, was passiert, wenn diese Nacktschnecken-Invasion in den nächsten Jahren immer weiter fortschreitet? Sie haben keine natürlichen Feinde. Nicht einmal minus 25 Grad können ihren Eiern etwas anhaben. Wird die Menschheit in schon absehbarer Zukunft nicht von "Marsmenschen", sondern von Nacktschnecken bedroht. Früher als ich sie mit allen Mitteln - Gift, Bierfallen und Feuer - in meinem Garten bekämpft hatte, habe ich sie nur bei mir im Garten gesehen. Jetzt sehe ich sie überall. Auch schon im Wald und heute auf dem Radweg, der durch freies Feld geht, wo links und rechts Weizen, Roggen, Kartoffeln und Mais angebaut worden sind. Im verregneten Juni waren sie noch nicht da. Vielleicht sind die vielen jungen Blindschleichen in diesem Jahr ja ein Hoffnungsschimmer? Außer indischen Laufenten und Igeln sollen die, zumindest wenn sie groß sind, auch Nacktschnecken vertilgen. Ich kämpfe gegen die Versuchung in Zukunft die eine oder andere Blindschleiche mitzunehmen und bei mir im Garten auszusetzen. Leider stehen sie unter Naturschutz und man darf das nicht tun. Und für die ständig über meinem Bauernhof kreisende roten Milane wären die Blindschleichen mit Sicherheit eine willkommene Beute.
10.09.13   Draußen regnet es immer wieder mal. Ich kann nicht Fahrrad fahren, keine Wäsche waschen, kein Feuer machen. Ich schlage unentwegt Fliegen tot und frage mich, wo die herkommen, denn alle Fenster und Türen sind zu.
Ich habe zwar noch immer kein Flugticket für die Reise auf die Azoren, habe mich aber mal auf Google Earth umgeschaut. Was ich da sehe, gefällt mir sehr. Wunderschöne Häuser und vor allem der Blick auf den Vulkan Pico. Was auch schön ist, das Wetter da draußen im Atlantik ändert sich nicht. Tag und Nacht mehr oder weniger die gleiche Temperatur. Ein bisschen so wie auf Ureparapara. Was mich da erwartet, ist ja kein Filmfestival, sondern ein "Seminar" zum Dokumentarfilmen heute mit offenem Ausgang. Das steht auf deren Internetseite:
As always at Doc's Kingdom, the theme of each seminar is simultaneously a motive, an issue, a journey with different stops, diversions, returns, dialectical meetings and travels without predefined destination. This year, following the – volcanic – metamorphosis of the seminar itself, we introduced a feature that undoubtedly clarifies and enhances the model of this meeting: for the first time, the screening program will not be released before the seminar.
In this way, leaving without a map, taking the territories named as starting places, combining each one’s own availability and risk, every participant in Doc's Kingdom will cooperate in an experience that cannot be foreseen in advance, but that will nonetheless be imagined and projected individually. Likewise, during the intensive week in the Azores, the archipelago formed by the community of interests, desires, ideas and actions, the whole group will daily enter the theater without knowing in advance the alignment of each screening. We believe that the adventure will be richer with an unknown itinerary.
11.09.13  
Obwohl das Wetter gar nicht gut aussieht, fahre ich nochmal zum Körbaer See. Ich brauche Natur und frische Luft, denn in der Nacht habe ich auf Phönix einen Film über 9/11 gesehen, der mich ziemlich verstört hat.

Auf diesem Feld wuchs im Sommer Raps.

Und das wächst jetzt schon wieder für eine neue Ernte in 2014.
Beim vergeblichen Suchen nach alten Computerdateien, habe ich unter anderen Sachen, dieses Foto von mir beim Drehen von "TAROT" gefunden.

Ich erkläre Vera Tschechowa auf der Maximilianstraße in München, was sie jetzt machen soll. Sie hat gerade auf dem Titelblatt der "Abendzeitung" gelesen, dass ihr Mann gestorben ist. Ganz im Hintergrund hinter der Kamera kann man Martin Schäfer erkennen. Beim Radfahren heute habe ich an die vielen Menschen, die in meinem Leben wichtig waren und inzwischen gestorben sind, gedacht. Woran liegt das? Weil der Herbst jetzt begonnen hat. Oder weil ich immer älter werde. In 2 Monaten werde ich 74 und habe inzwischen altersmäßig sowohl meine Mutter und jetzt auch meinen Vater überholt. Kann es daran liegen, dass ich als Ziel in absehbarer Zeit keinen neuen Film mehr im Auge habe? Mit Ute Freund habe ich am Wochenende darüber geredet, wie ich nochmal ganz neu anfangen könnte: ein Film ohne festes Drehbuch, wo wie bei "MADE IN GERMANY UND USA", "TAGEBUCH" und "BESCHREIBUNG EINER INSEL" nur der Ausgangspunkt und die Schauspieler, die spielen feststehen und wo das Filmteam (Kamera und Ton) nur aus maximal 4 Personen besteht. Ein bisschen Geld brauche ich schließlich für ein solches Filmabenteuer. Ute meinte, ich sollte es mal mit Crowdfunding über meine Website versuchen. Ich habe zwar täglich so um die 200 Leser, aber ob die mir für einen neuen Film richtiges Geld, so ab mindestens 100 Euro, geben würden, kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Ich käme wir vor wie ein Bettler, der auf der Straße bettelt. Vielleicht eröffnet mir das Dokumentarfilm-Seminar auf den Azoren in der nächsten Woche ganz neue Perspektiven? Inzwischen habe ich immerhin das Ticket dahin bekommen und werde also definitiv dahin fahren. Voller Hoffnung und mit weit geöffneten Augen.
12.09.13  




Um in die Azoren zu fliegen, muss ich zurück nach Berlin auf meine Dauerbaustelle.
Ägypten: Die Menschen in Ägypten sind traurig und deprimiert. Vor allem die Ausgangssperre in Kairo, lähmt die Stadt. Sarah Carr versucht das zu beschreiben (LINK). Meine ägyptische Freundin hat gestern neue Fotos von den Graffiti an der Mohammed MahmutSstreet gemacht.







Kharat Al-Shater und Mohamed Mursi

So sieht das Fernsehen in Ägypten jetzt aus. Nichts als Propaganda.

Ein bekanntes Bild, jetzt als Graffito gegen die Belästigung von Frauen.
Gehad El-Haddad twittert allerdings unbeeinflusst von der Realität seine immergleichen Parolen für die Muslimbrüder. Viele fragen, wo er sich aufhält und warum er noch immer nicht verhaftet ist.


13.09.13   Freitag, der 13.: Da mache ich möglichst wenig, um in keine Pechsträhne zu geraten. Da ich morgen und übermorgen in die Azoren fliege - der Flug dauert so lange, weil ich in Lissabon übernachten muss -, versuche ich an alles zu denken, was ich da brauchen könnte. Das Problem beim Älterwerden ist ja auch, dass man immer mehr Zeugs für den normalen Alltag braucht und deshalb mitnehmen muss. Ein Pullover, den mir meine ägyptische Freundin geschenkt hat, ist plötzlich voller Motten. Ich wollte ihn mitnehmen, jetzt habe ich ihn in das Gefrierfach meines Kühlschranks gesteckt. Wenn ich zurückkomme sind Motten und Motteneier erfroren. Eine Fliege, die mich schon vor 2 Wochen genervt hat, ist wieder da. Eine gute Fliegenklatsche habe ich nur auf dem Bauernhof und Fliegen mit der Hand fangen, konnte ich mal vor 25 Jahren. Ok, so viel zu den Insekten in meiner Berliner Wohnung.
Es gibt auch gute Nachrichten: Ein Moana-Tagebuch-Leser, den ich nicht kenne, hat sich per email spontan dazu bereit erklärt, sich bei einem Crowdfunding für einen neuen Film von mir mit 200 Euro zu beteiligen. Darüber freue ich mich, und es macht mir Hoffnung, wenn ich damit richtig loslege, dass ich vielleicht tatsächlich 20.000 Euro, die ich als Minimum betrachte, zusammenkriege.
Die zweite gute Nachricht ist: das Originalnegativ von "SUPERGIRL" ist von alleskino.de in HD abgetastet worden und demnächst habe ich eine DCP, die dann im Kino in den wunderschönen Farben des brasilianischen Kameramanns Affonso Beato gezeigt werden kann. Vielleicht ist das Bild besser als in den beiden 35mm Kopien, die damals hergestellt wurden?
In Ägypten ist heute Sonntag und die Muslimbrüder mobilisieren noch mal alle ihre Anhänger. Die Interimsregierung hat den Ausnahmezustand um zwei Monate verlängert, also bis zum 14. November (meinem Geburtstag). Danach müsste für eine weitere Verlängerung eine Volksbefragung gemacht werden. Ob die Ausgangssperre, unter der das Leben in Kairo so leidet, weiter gelten soll, wird sie erst in zwei Tagen entscheiden.

Ob da wirklich so viele Demonstranten auf der Straße waren, wie das Bild zeigt, ist eher unwahrscheinlich. Es kann sich um Bilder von früheren Demonstrationen handeln und vielleicht kann man ja auch mit Photoshop Massen im Hintergrund herstellen. Islam Abdel-Rahman ist ein schon lange aktiver Kollege von Gehad El-Haddad, der heute, an diesem wichtigen Tag, auf Twitter schweigt. Nix "always peaceful and defiant".

Das ist der Traum der Muslimbrüder: den symbolischen Tahrirplatz zu besetzen und da ein Sit-In wie vor der Raaba-Moschee zu installieren.
14.09.13   Ein paar Stunden in Lissabon. Ich bin hungrig und todmüde, denn gestern Nacht habe ich kaum geschlafen.



Ein Flohmarkt auf einer der großen Straßen. Vor allem für Toristen.

Und ein großes Kino. Ich frage mich, ob hier 1989 "DER PHILOSOPH" gelaufen ist. Ich denke eher nicht, obwohl er in Lissabon um die 15.000 Zuschauer hatte. Soviel wie in ganz Deutschland.

In disem Restaurant essen wir.

Cynthia Beatt zeigt mir ihre neue Kamera, die sie gestern gekauft hat. Ich zeige ihr, wie man damit filmen kann.

In der Altstadt.

In diesem kleinen Café sind viele Polizisten und auf der Straße steht ein Mannschftswagen. Ich frage einen, warum sie da sind. Er sagt, dass eine Demonstration gegen die Stierkämpfe in Spanien angekündigt ist.

Ein altes Haus.

Noch ein altes Haus.

Ein Kanalisationsdeckel.

Straße vor unserem Hotel.
15.09.13   Morgens um 5.45 Uhr Abholung im Hotel. Kein Gedanke an Frühstück. In der Nacht Schmerzen und Fieber. Um 7 Uhr am Flugafen.

Lissabon hat nicht mal 1 Million Einwohner. Sind die jetzt alle da?

Endlose Check-In Schlangen wie in Kairo. Aber Kairo hat 20 Millionen Einwohner.

Wie in München muss jeder sogar zum Check-in durch eine endlose Mall.

Kurz vor der Landung auf Failal ein Blick auf den über zweitausend Meter hohen Vulkan Pico. Die Stewardess kam vorher zu mir und hat mir gesagt, dass ich meinen Fotoapparat ausschalten muss. Ich hab's getan, aber nur einmal für dieses Foto ihn wieder eingeschaltet.

Unser Flieger nach der Landung auf dem Flughafen am Meer.

Zum Akkreditieren und danach Mittagessen muss ich 20 Minuten laufen. Hier die Ankündigung des "Doc's Kingdom" (übersetzt "Königreich des Dokumentarfilms").

Ein zerfallendes Haus auf meinem langen Fussweg.

Das sehr repräsentative Gebäude der "Gesellschaft für die Liebe zum Vaterland".

Gleich um die Ecke noch ein repäsentatives Haus.

In diesem Haus ist die Feuerwehr. Die Stadt Horta auf der Insel Faial hat ca. 5000 Einwohner.

Der Mann zwischen den jungen Mädchen ist Nuno Lisboa, einer der Chefs von "Doc's Kingdom". Auf Grund seiner emails, mit denen er mich eingeladen hat, dachte ich er sei eine Frau. Er war nach dem Mittagessen beim Zigarettenrauchen und ich habe ihn gebeten, sich für das Foto von den Mädchen umgeben zu lassen.

Der Vulkan Pico auf dem Rückweg.
Es kann sein, dass in den nächsten 7 Tagen auf meinem Blog nichts mehr erscheint, so wie 2004 in Nordkorea, aber diesmal sieht es so aus, als könnte mein Laptop jeden Tag zusammenbrechen. Einige Sektoren der Festplatte sind nicht mehr ok und es gibt auch Software-Probleme. Mit meinen Computern habe ich das noch nie erlebt. Mit Computern von anderen schon. Meine 3 email-accounts funktionieren schon jetzt nicht mehr richtig.
16.09.13  
Vulkan Pico vor Sonnenaufgang.



Mein Hotel von außen. Ich bewohne ein Schlafzimmer, ein Arbeitszimmer und zwei Badezimmer.


Das Kino von außen um Punkt 9 Uhr. Außer mir nur diese vier anderen.

Im Kino ist es um diese Zeit noch leerer. Nur die beiden Chefs, Josè Manuel Costa und Nuno Lisboa, sind da. Wir sehen vor dem Mittagessern 3 Filme. "ok bye-bye", eine Art persönliches Tagebuch, über die Gräuel in des Pol-Pot Regimes in Kambodcha. Das Bild mit den drei Kindern, die nackt vor den Soldaten fliehen und das durch die ganze Welt ging, kommt dreimal vor.
Danach "10/90" ein Film von Robert Kramer, den er in meiner ehemaligen Wohnung in der Knesebeckstraße gedreht, der jedoch fast ausschließlich in meinm Badezimmer spielt. Immerhin hat er einen Fernseher da rein gestellt und holt auf diese Weise mit von ihm gedrehten Szenen die Außenwelt hinein. Der dritte Film eines portugiesischen Regisseurs "Ein Flamingfeld ohne Flamingos" ist 90 Minuten lang. Der Regisseur hat alles nur Denkbare, was mit Tieren zu tun hat, gefilmt. Vielleicht hat er einen Zusammenhang gesehen. Ich nicht. Am Ende des Films hatte ich 38,7 Grad Fieber. Denn die Klimaanlage die beim ersten Film aus war, wurde beim zweiten eingeschaltet und trotz meiner Bitten das nicht zu tun, blieb sie an. Mein Kinotag heute ist zuende. Der halbstündige Rückweg ins Hotel war quälend, denn ich hatte immer wieder Angst zu stolpern und hinzufallen.

Auf dem Rückweg ein repräsentatives Haus mit einem Graffito.
Im Hotel habe ich zwei Frubiase Calcium-Trinkampullen genommen, die ich für alle Fälle mitgenommen habe. Mein Computer funktioniert immer noch, obwohl ich täglich eine Alarmmeldung bekomme.
Und es gibt noch eine wunderbare email-Nachricht. Ein Moana-Blogleser will mein Crowdfunding-Projekt mit 500 Euro unterstützen. Naja, es ist noch nicht über 40 Grad. Kein Wunder, dass ich beim letzten Film gezittert habe wie verrückt

Um 6 Uhr deutscher Zeit messe ich nochmal mein Fieber
17.09.13  


Zur Veranschaulichung, wo die Azoren eigentlich genau liegen. Nämlich mitten im Atlantik.
Zwei neue emails von Moana-Blog-Lesern, die sich am Crowdfunding beteiligen wollen. Ein Leser will sich mit 1.000 Euro beteiligen, um damit vielleicht mein Fieber zu senken.
Heute morgen wurde ich vom Festivalchef mit dem Auto abgeholt, damit ich "BESCHREIBUNG EINER INSEL" trotz Fieber sehen kann. Ich hab`s getan. Zum ersten Mal seit 25 Jahren habe ich den Film wiedergesehen. Es war auch wegen des Publikums, dessen Reaktion ich erleben wollte und die merkwürdiger Weise diesmal fast alle von Anfang an da waren. Ich war von Anfang an im Film drin, so wie ein fremder Zuschauer, und war glücklich über die Art des Erzählens, über die Ironie bei der Beschreibung der Beschreibenden. Es gibt viele "Löcher" in der Erzählung, die ich heute so nicht mehr drinlassen würde. Aber am Wichtigsten ist meine Haltung gegenüber den Bewohnern von Ureparapara, die genauso respektvoll wie die westlichen Schauspieler gezeigt werden, vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Das Publikum hat am Ende ziemlich lange geklatscht.
Die Kopie ist inzwischen 35 Jahre alt und ziemlich rotstichig. Josè Manuel Costa, der auch der Chef der portugiesischen Cinemathek ist, hat mir angeboten, wenn ich ihm das Negativ schicke, zwei funkelnagelneue Kopien davon ziehen zu lassen, eine für mich und eine für ihn. Ich habe zunächst mal nein gesagt, weil ich keine Filmkopien in der Zukunft brauche. Was mich jetzt nur noch interessiert ist eine digitale Version des Films mit allen seinen ursprünglichen Farben. Denn jetzt sehen die Szenen des Films inzwischen so aus:

Sehr, sehr rot. Ich weiß nicht, ob man bei einer digitalen Abtastung dieser englisch untertitelten Kopie, die ursprünglichen Farben wiederherstellen kann. Vielleicht weiß auch da irgendein Blogleser einen Rat. Geld investieren, kann ich nicht, aber nach dem Erlebnis der Vorführung heute hier mitten im Atlantik mit diesem Publikum denke ich, dass mit diesem Film noch etwas passieren sollte. Noch etwas scheinbar Lustiges. Zwei Fotos:

Ein winzig kleines Foto, das alle Seminarteilnehmer erhalten und dann…

Ein Seminarteilnehmer hat mich beim Mittagessen gefragt, von wo wir die Filmszenen von Ureparapara aufgenommen haben. Ich hab's ihm gesagt. Von Reef Island, denn da sind wir einmal mit unserem Motorboot hingefahren. Es sind genau fünf. Sozusagen eine Kapitelunterteilung. Aber auch eine Art von Zeit-Zeichen.

mir das Mikrofon
18.09.13   Am Abend um 19 Uhr treffen sich alle Seminarteilnehmer und diskutieren. Josè Manuel Costa hat die heutigen Filmautoren in seiner Einleitung gebeten, ihre Vision zu beschreiben. Ich habe Cynthia Beatt den Vortritt gelassen, und dann als Nuno Lisboa mir das Mikrofon in die Hand drückte, um auch etwas zu sagen, gesagt, dass ich keine Visionen beim Filmemachen habe. Und dann, weil ich das Mikrofon nun mal in der Hand hatte, ein bisschen was zur Enstehung des Films. Solche semiwissenschaftliche Diskussionen sind nicht mein Ding.

Einige der 100 Seminarteilnehmer.

Da ich bisher noch nicht in der Nacht unterwegs war, ist mir dieser Walfisch gestern Nacht aufgefallen.
Für alle Blogleser, die von mir email-Antworten erwarten, ich kann zwar noch emails empfangen, aber keine mehr senden. Nur mein Blog funktioniert noch im Moment.
Heute bis zum Mittagessen 3 Filme gesehen. "The Creation as We Saw It" des Engländers Ben Rivers versucht mit Schwarzweißbildern die Schöpfungsgeschichte von einer Insel in den Neuen Hebriden zu erzählen. Nett. "Arraianos" ein spanischer Film von Eloy Enciso ist überambitioniert in jeder Hinsicht, hochliterarisch, spielt auf dem Land, die Gesichter mancher alter Frauen lassen mich in tiefes Nachdenken versinken. Die Geburt eines Kuhkalbs hat mich aus dem Kinoschlaf gerissen. Ich habe es mit Interesse gesehen. Dann eine Pause und danach der erste Film von Kidlat Tahimik "Perfumed Nightmare", der von einem der Programmverantwortlichen als "Meisterwerk" angekündigt wird. Ich habe ihn leider nicht ganz bis zum Ende sehen können, weil ich Bauchweh bekam - nicht wegen des Films. Der Film selbst ist typisches siebziger Jahre Avantgarde-Kino: lustig, persönlich, politisch. Da ich hier nach Anregungen für meine künftigen Filme suche, bin ich bis jetzt auf diesem Filmseminar nicht fündig geworden. Das was manche hier als "Film" veröffentlichen, mache ich mit meinem Blog (und hin und wieder mit meinen Vimeo-Filmen). Das kostet nichts.
Auch wenn ich so gut wie kein Geld für meine künftigen Filme haben werde, werde ich mit jedem einzelnen Film "Kino" machen, also etwas, wofür die Leute, um es zu sehen, bezahlen müssen und mit etwas Ungewöhnlichem, Verrücktem, Provokativem belohnt werden.

Ich bin heute nicht zur Insel Pico mitgefahren, wegen meiner Bauchschmerzen und weil ich da dann bis zur gelanten Rückfahrt ein Gefangener des Filmseminars gewesen wäre, denn auch da haben die jede Minute vorausgeplant.

Ganz früh am Morgen fährt ein großes Transportschiff in den Hafen. Wenn ich zurück in Berlin bin werde ich das auf Vimeo ins Netz stellen.

Das Schiff von heute morgen.

Hier sind die Wasseruhren, der einzelnen Wohnungen sozusagen öffentlich.

In dem grünen Gebäude ist ein berühmtes Café (wo sich in der Nacht auch die Seminarteilnehmer treffen) und da kann man auch essen. Tagsüber vom Buffet für 10 Euro. Da habe ich mein absolutes Lieblingsessen, frittierte Sardinen, gefunden. Ich war zurückhaltend und habe nur 4 oder 5 auf meinen Teller getan, aber der Kellner hat auf meine Frage gesagt, ich kann davon so viel essen, wie ich will. In Berlin kriege ich nirgendwo frittierte Sardinen. Manchmal sagen Restaurants auf Nachfrage, dass sie welche haben. Aber wenn sie dann auf den Tisch kommen, sind die frittierten Sardinen fast so groß wie kleine Haifische.
Ägypten: der Sprecher der Muslimbrüder ist gestern verhaftet worden und kann in Zukunft nicht mehr weiter Tweeten.
19.09.13   Sandmonkey (LINK) blickt, kühn und umfassend, zurück auf die Januar-Revolution 2011(Sturz von Mubarak) und die vom 30. Juni (Sturz von Mursi) und wagt einen Blick in die Zukunft Ägyptens. Wer meine Ägyptentexte hier im Blog gelesen hat, muss diesen Text lesen.
Heute morgen im Kino habe ich "Les Soviets plus l`électricité" von Nicolas Rey gesehen. Ein französischer Experimentalfilmmacher, der mit Vehemenz das Filmen auf analogem Filmmaterial vertritt. Dieser hier beschreibt in fast 3 Stunden seine Reise von Paris an den Pazifik, quer durch Russland und ist auf Super-8 gedreht und auf 16mm aufgeblasen.. Nach knapp 2 Stunden bricht der 16mm-Projektor im Kino zusammen. Man muss verrückt sein, um Filme zu machen (hat glaube ich Samuel Goldwyn gesagt), aber um heute noch auf analogem Filmmaterial zu drehen, muss man noch verrückter sein (sage ich). Mir hat der Film trotzdem ziemlich gut gefallen.

Auf einem Platz kurz vor dem Kino steht dieser vermutlich sehr alte Baum.

Seine Samen, die jetzt haufenweise runterfallen.

Blumen in diesem Park. Vermutlich eine Art von Wasserlilien.

In diesem Raum mitten im Park bringen die Parkarbeiter ihre Geräte unter.



Ein bisschen frustriert, weil ich den Film von Nicolas Rey nicht zuende sehen konnte, achte ich jetzt auf die Mosaiken in den Bürgersteigen.

Alte Türgriffe an einem Haus auf der Hauptstraße.

Da wo ich gestern gegrillte Sardinen vom Buffet gegessen hatte, waren heute keine da. Der Kellner meinte, dass man manchmal nur ganz wenige fangen kann, ging in die Küche und kam nach 10 Minuten mit diesen ca. 30 frisch gegrillten Sardinen zurück. Was sollte ich machen? Ich habe sie alle mit Kopf und Schwanz aufgegessen. Geschmeckt haben sie genau so gut wie gestern. Aber ich denke, es müssen schon ein paar Monate vergehen, bevor ich wieder gegrillte Sardinen essen kann. Eine Moana-Blog-Leserin hat mir gestern in einer email ein Lokal in Berlin empfohlen, wo man die auch kriegt.
Zurück im Hotel war mein Zimmer um 14 Uhr noch nicht gemacht, also bin ich runter zum Hafen gelaufen.

Ein modernes Boot und…

…ein ehrwürdiges altes Boot aus Holz. Man kann zwar Boote nicht mit Filmregisseuren vergleichen, aber so langsam kriege ich das Gefühl, ich sei wie dieses alte Holzboot. Martin Schäfer hat schon vor 25 Jahren zu mir gesagt, Rudolf wir sind Dinosaurier.

Vom Hafen aus habe ich diese Kirche gesehen und…

…bin hineingegangen. Früher hätten mich keine zehn Pferde, dank christlicher Internatsschulen, in eine Kirche gebracht. Jetzt nach all den Moscheen in Kairo interessiert es mich schon, was wir hier so mit unserem Glauben gebäudemäßig so treiben. Ich habe es nicht bereut. Überhaupt nicht. Wenn ich hier leben würde, könnte ich hier glatt jeden Sonntag hingehen. Schon wegen der Farben.
20.09.13   Mein letzter Tag auf den Azoren.

So ging gestern morgen die Sonne auf.

Und so heute morgen. Jeden Tag sieht der Sonnenaufgang anders aus.
Ich habe bis 14 Uhr drei Filme gesehen. Zwei lange, die sehr lang waren und einen kurzen Film einer jungen Japanerin, der mich begeistert hat. Darin wird ganz einfach und detailliert gezeigt, wie ein Hemd von einem alten Mann gebügelt wird und auch Männer und Frauen beim Bogenschießen. Es war ein "Überraschungsfilm" und daher weiß ich nicht, wie der Film und die Regisseurin heißt. Ich weiß nur, dass sie jetzt in New York lebt und habe ihr meine email-Adresse gegeben.
Der erste lange Film, "Lacrau" das heißt "Skorpion", des portugiesischen Regisseurs Joao Vladimiro spielt in einem abgelegenen Dorf. Man sieht ziemlich lange, wie ein Schwein geschlachtet wird und hinterher verarbeitet wird. Das Meiste ohne Originalton. Es gibt darin nach einer Stunde des Leidens einen Moment, in dem man eine durch Feuer zerstörte Landschaft sieht, einen Moment, der durch die elekronische Musik, die man dabei hört, tatsächlich aufregend wird. Da spürt man tatsächlich, was der Regisseur sagen wollte. Aber er wollte viel zu viel sagen und ist die meiste Zeit dabei ins Stottern gekommen.
Der zweite lange Film "A Spell to Word of the Darkness" von Ben Rivers und Ben Russell ist leider von Anfang bis Ende unerträglich. "Kunst" hoch zehn. Drei Episoden, die durch einen Schauspieler verbunden sind, die nur durch den Kunstwillen der Regisseure verbunden sind. Ich bin nur sitzen geblieben, weil ich neugierig war, wie alles ausgeht und vielleicht doch noch ein Film wird.
Ein Fazit für mich: die Leute, die das "Königreich des Dokumentarfilms" programmieren, suchen sich Filme aus, die so viel, wie es nur geht, in einen Film hineinpacken. Jetzt verstehe ich, warum Josè Manuel Costa in seiner Einleitungsrede von "Visionen" gesprochen hat. Sie wollen Visionen, aber nicht Kino. Dass sie "BESCHREIBUNG EINER INSEL" für ihr Programm ausgewählt haben, kann ich nur damit erklären, dass dieser Film unvollkommen ist. Ich will nicht sagen misslungen. Aber er macht diese Unvollkommenheit, so gut es geht, öffentlich und wird dadurch fast wieder richtig gut. Wie bei der Uraufführung auf der Berlinale, haben mich auch hier mehrere Leute gefragt: "Und wo ist der Regisseur?" Das ist das Problem des Films. Es ist nur einer der Regisseure im Film zu sehen. Der andere hätte auch im Film enthalten sein müssen. Dann wäre der Film tatsächlich aufregend geworden.

Auf dem Weg zum Kino habe ich plötzlich dies Kriegsschiff (eine Fregatte?) im Hafen entdeckt.

Und dieses verfallene Haus.

Es gibt hier in Horta einen öffentlichen Markt, wo man vor allem Obst und frisches Gemüse kaufen kann. Ich kann leider nichts kaufen, weil ich morgen früh nach Berlin fliege und erst kurz vor Mitternacht da bin. Einen ganzen Tag fliegen. No fun.
21.09.13  
Ich bin wieder in Berlin. Um Mitternacht. Mein Koffer ist in Frankfurt. Morgen gehe ich erstmal wählen.
22.09.13  


Um 9 Uhr gehe ich ins für mich zuständige Wahllokal in der Fidicinstraße. Es ist in dem Altersheim, dessen Bau ich in den letzten Jahren beobachtet habe.

Ich dachte, ich wäre der erste, muss mich aber in einer Schlange anstellen.

Diese Dame mit Rollator hatte Schwierigkeiten, weil sie nicht auf der Wählerliste stand. Bei mir ging alles Ruckzuck. Auch das eigentliche Wählen in den drei eingerichteten "Wahlkabinen". Manche haben da ziemlich lange dringesesssen und offensichtlich erst jetzt überlegt, wo sie ihr Kreuzchen hinmachen sollen.

Um 10 Uhr bin ich mit Cora Frost, die bei mir in "TIGERSTREIFENBABY WARTET AUF TARZAN" und in "PARADISO" mitgespielt hat. Sie kommt mit dem Fahrrad und 10 Minuten zu spät. Wir haben uns seit 10 Jahren nicht mehr gesehen. Ich freue mich total, sie wiederzusehen.

Cora bekommt von mir ein Glas von meiner selbstgemachten Erdbeer-Rhabarber-Marmelade nachträglich zu ihrem fünfzigsten Geburtstag. Sie sagt mir, ich sähe von der Seite aus wie James Dean. Ich frage sie, ob ich ein Foto von ihr machen darf. Sie kennt mein Blog und sagt ja. Sie ist total entspannt, und ich habe das Gefühl, dass ich unbedingt mit ihr nochmal einen Film machen müsste, denn zwischen uns gibt es noch immer, nach all den Jahren, ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Zwei Anrufe auf meinem iPhone erinnern mich daran, dass ich heute noch ein paar andere Dinge aus meiner ToDo-Liste erledigen muss.
Mein Koffer, der gestern Nacht in Frankfurt nicht mitgekommen ist, ist endlich da. Ich fahre zum Flughafen und hole in im Lost and Found-Gebäude in Tegel ab und fahre danach sofort zum Bauernhof, um die Heizung einzuschalten, denn meine Mieterin dort lässt mir mitteilen, dass sie friert.
Jetzt bin ich auf dem Bauernhof. Die Heizung ist eingeschaltet. Die allerwichtigsten Dateien habe ich von meinem kurz vor dem Kollaps stehenden Computer auf einen Ersatzcomputer übertragen und werde ab jetzt damit arbeiten. Morgen oder übermorgen werde ich versuchen, mit einem Reparaturprogamm den Hauptcomputer wieder in Ordnung zu bringen.

23.09.13  
Meine Bananenstauden haben meine elftägige Abwesenheit gut überstanden.

Ein Teil dieses Wilden Weins hat sich in der Zwischenzeit rot gefärbt. Alle anderen Wilden Weine sind noch grün.

Heruntergefallene Walnüsse vom alten Walnussbaum. Er hat wieder einen großen Ast im Sturm verloren. Die Walnüsse vom jungen Walnussbaum hängen noch.
Draußen weht ein böiger Wind, der das Fahrradfahren unmöglich macht.
24.09.13   Die Tragödie eines alten Walnussbaums in 7 Bildern (ich kann mir nicht helfen, ich identifiziere mich mit ihm):



Von hinten sieht man ein tiefes Loch. Der innerste Kern des Baums hat sich bereits zu Erde verwandelt.

Der Stamm sieht aus wie ein hohler Zahn.

Das steckte da drin. Sieht aus wie ein Wespennest, ist aber keins. Wie lange wird die äußere, noch intakte Baumhülle überleben? Ich denke nicht, dass er einfach so zusammenkracht, sondern dass der Zerfall noch ein paar Jahre dauern wird. Vor ca. 15 Jahren haben wir ein großes Loch oben im Baumstamm mit Beton ausgefüllt. Das hat geholfen, aber jetzt zerfällt er von unten.

Dieser große Ast ist während ich auf den Azoren war, runtergefallen. Ich werde mit ihm, wenn das Wetter wieder besser wird, ein schönes Feuer machen.
Seit 13 Tagen bin ich nicht mehr Fahrrad gefahren. Ich pumpe erstmal die beiden Reifen auf, und als ich fertig bin und auf dem Fahrrad sitze, fängt es an zu regnen. Nicht sehr stark, aber nach meiner 8 Kilometertour bin ich plitschnass. Das Lesen der Kommentare zur Wahl in den deutschen Zeitungen stimmt mich auf unerklärliche Weise depressiv. Das einzig positive Ergebnis für mich daran ist, dass Westerwelle in Zukunft nichts mehr zu den "undemokratischen" Ereignissen in Ägypten sagen kann. Was mich mehr interessiert als alles andere ist, wer wird in Zukunft deutscher Außenminister.
Ein ägyptischer Journalist spekuliert heute in einem Artikel, wer der neue Präsident von Ägypten werden könnte. Ganz am Ende seines Textes erwähnt er Mostafa Hegazy (LINK), der Berater des Intererimspräsidenten, der ein wunderbares Englisch und Arabisch sprechen kann und so aussieht wie Richard Gere. Einen solchen Mann könnten wir auch in Deutschland gebrauchen. Für beide Jobs: sowohl als Außenminister, wie auch als Bundeskanzler.

Nach den 30 Grad-Temperaturen auf den Azoren ist das trübe Herbstwetter hier ein Tiefschlag.
25.09.13   Heute bin ich mit dem Mountain Bike zum Pilzesuchen in den Wald gefahren. Schon auf dem Hinweg, vom Fahrrad aus habe ich…

…diesen Steinpilz gesehen.

Auch hier habe ich früher viele Steinpilze gefunden. Leider war schon ein anderer Steinpilzsucher vor mir da. Überall finde ich abgeschnittene Pilzstümpfe. Aber zwei Steinpilze hat mein Vorgänger übersehen.



Mein Mittagsessen mit Steinpilzen und Pasta. Es schmeckt absolut hervorragend.
26.09.13   Trotz Regen bin ich auch heute wieder in den Pilzwald gefahren.

Viele Pilze. Kein Steinpilz.

Dann entdecke ich diesen. Gestern habe ich den übersehen. Und dann immer mehr junge Steinpilze, die heute Nacht oder heute Morgen frisch gewachsen sind.

Zehn Steinpilze. Insgesamt 607 Gramm.

Azoren from Rudolf Thome on Vimeo.

27.09.13  

Heute wurde bei mir die Jauchegrube geleert. Zum vierten Mal in diesem Jahr, denn ich bin nur noch ganz selten in Berlin. Schon gestern hatte ich meine beiden Waschmaschinen voll geladen und Wäsche gewaschen. Heute habe ich sie aufgehängt und an diesem wunderschönen Tag in der Sonne trocknen lassen. Zum Steinpilze suchen hatte ich heute keine Zeit. Außerdem will ich jetzt auch für eine Weile keine mehr essen.



28.09.13   Ich fürchte, ich bin jetzt pilzsuchsüchtig. War wieder im Wald. Aber es war schon jemand vor mir da.

Zunächst weit und breit nichts. Nur Steinpilzreste.

Und dann sehe ich diesen hier. Und gleich daneben noch ein ganz junges Exemplar. Als Goldsucher Gold zu finden, kann nicht glücklicher machen.

Meine Tagesausbeute wird jetzt getrochnet.

Beim Wäscheaufhängen der dritten Waschmaschinenladung fliegen Riesenschwärme von Staren bei mir im Garten, und daher ziehe ich es vor, alle Trauben (bis auf eine für meine ägyptische Freundin) abzumachen. Insgesamt schätze ich mal, waren es um die zwanzig Trauben. Mein Sohn Nicolai sagt mir am Telefon, dass man die Trauben Rispen nennt. Er geht übrigens heute auch Steinpilzesuchen.

Ich fahre auch nach dem Pilzesuchen (mit einem Mountain Bike) mit meinem Hauptfahrrad, das ich im Mai 2012 hier bei einem Fahrradhändler gekauft habe. Das ist mein Tachostand. Allein in diesem Jahr bin ich 1.500 km gefahren.

Und dann, weil heute so ein guter Tag ist, mache ich das: ich durchforste acht dicke Aktenordner der Moana-Buchhaltung nach Rechnungen für eine Betriebsprüfung der Rentenversicherung am 22./23. Oktober. Da geht es um drei Filme: "PINK", "DAS ROTE ZIMMER" und "INS BLAUE". Wie gut, dass ich im letzten Jahr keinen Film gemacht habe. Ich war mal in der Revisionsabteilung einer Bausparkasse Sachbearbeiter und weiß daher, wie genau sich jeder einzelne Vorgang im Nachhinein feststellen lässt, und bin daher einigermaßend unbesorgt. Da ein Betriebsprüfer jedoch Erfolgserlebnisse braucht, könnte ich mir schon vorstellen, dass er irgenwo in meiner Buchhaltung etwas findet, was nicht 100-prozentig richtig ist. Ich werde daher erst wieder ruhig schlafen, wenn alles vorbei ist.
29.09.13   Die Ägypter sind traurig. Sandmonkey möchte am liebsten das Land verlassen und erst in drei Jahren zurückkommen. Meiner ägyptischen Freundin geht es ähnlich. Sie hat mir diese neuen Bilder gemailt.

Arbeiter sind dabei, den Tahrirplatz von den Resten der Revolutionen zu säubern. Nachdem Polizei und Militär am morgen sämtliche Zelte und Straßenhändler auf dem Platz entfernt haben. Der Mann mit dem schwarzen Umhang trägt ein Plakat: die Revolution vom 25. Januar hat Mubarak besiegt. Die Revolution vom 30. Juni den Missbrauch der Religion durch die Muslimbrüder.

Das ägyptische Herz blutet.

Bauchtänzerinnen und Katzen.

1907 wurden die ersten Parteien unter osmanischer Herrschaft in Ägypten gegründet. Ein seltsames neues Graffito in der Nilinsel Zamalek, wo kurz vorher alle Graffiti entfernt wurden. Beim Fotografieren wurde meiner ägyptischen Freundin von Passanten angedroht, sie bei der Polizei anzuzeigen, weil es herrsche Krieg.

Der Liebesperlenstrauch, den ich vor sechs Jahren an meinem Teich gepflanzt habe, und der dann in einem Minus-26 Grad-Winter gestorben schien, ist in diesem Jahr wieder voll da. Mit vielen Liebesperlen. Der Himmel ist heute blau, die Sonne scheint, aber es herrscht ein extrem böiger Wind. Ich kann nicht Fahrrad fahren. Also mache ich ein Feuer für und mit dem abgebrochenen Ast des alten Walnussbaums.

Ich bin heute noch melancholischer als Anfang September, habe keine Lust irgendwas im Garten zu machen. So kann mein Leben nicht weitergehen.
   
Heute ganz früh bin ich bei starkem Ostwind und 5 Grad Außentemperatur zum Körbaer See gefahren.
     

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